Migrationsdebatte lenkt von wichtigeren Problemen ab
Netzwerk gegen Rechts Main-Tauber fordert realistische Einschätzung
Kürzlich trafen sich die Mitglieder des Netzwerks gegen Rechts Main-Tauber zu einem Gedankenaustausch. Ihr Sprecher Stefan Heidrich zeigte sich dabei sehr unzufrieden mit der aktuellen politischen Debatte in Deutschland. „Die Migration als das mit Abstand wichtigste Thema darzustellen und Deutschland völlig abzuschotten geht an den wirklichen Problemen vollkommen vorbei“, ist er überzeugt. Zugewanderte sollten möglichst schnell in Arbeit gebracht statt ferngehalten werden, da es in allen Branchen massiv an Arbeitskräften fehle. „Die fremdenfeindliche Stimmung schreckt Fachkräfte ab, die dringend gebraucht werden“, so Heidrich. Er sehe zum Beispiel die Gefahr, dass die Gesundheitsversorgung zusammenbricht, weil ausländische Ärzte und Pflegekräfte wieder abwandern. Kontrollen an allen deutschen Grenzen behinderten den Warenverkehr, was fatale Auswirkungen für unsere exportabhängige Wirtschaft habe. Die Altersversorgung breche zusammen, weil immer weniger Beschäftigte immer mehr Rentner finanzieren müssen. Stefan Heidrich plädiert dafür, Deutschland nicht abzuschotten und die Länder mit europäischen Außengrenzen allein zu lassen, sondern die Asylpolitik europäisch zu lösen.
Kreisrat Thomas Kraft zeigte wenig Verständnis für die Ausführungen von Landrat Christoph Schauder bei der Einbringung des Haushaltsplans für das Jahr 2025 in den Kreistag. Die vom Landrat beklagte Überforderung durch Zugewanderte sieht Kraft nicht. Die Zahl der Geflüchteten gehe zurück. Aktuell gebe es auch mehrere leerstehende Unterkünfte, die belegt werden könnten. Er befürchte, dass solche Klagen nur Wasser auf die Mühlen von rechtsgerichteten Kräften sind. Er warnt alle Parteien der Mitte davor, die ausländerfeindliche Haltung von BSW und AfD zu übernehmen in der Hoffnung, dadurch Wählerstimmen zurückgewinnen zu können. „Das Gegenteil ist der Fall“, so Kraft, „es führt nur dazu, dass die Leute die Klagen für gerechtfertigt halten und das Original statt der Kopie wählen.“
Die auch von den Medien zu sehr ins Zentrum gerückte Diskussion um die Migration lenkt nach Ansicht von Thomas Tuschhoff von weit wichtigeren Problemen ab. Viel bedrohlicher als die Zuwanderung sei der Klimawandel, was nicht zuletzt verheerende Flutkatstrophen in Spanien, Italien, auf dem Balken, in Bayern und im Ahrtal gezeigt hätten. „Der Klimawandel führt dazu, dass weite Teile der Erde unbewohnbar werden und die Menschen flüchten müssen.“ Tuschhoff wünscht sich eine realistische Bewertung der Probleme und fordert mehr Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels, auch um Fluchtursachen auszuschalten.