Informationsveranstaltung des Netzwerk gegen
Rechts Main-Tauber
Boxberg.
Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Parteien und
Organisationen hatte eingeladen, um über ein gleichzeitig
stattfindendes Black Metal-Konzert in Bobstadt zu informieren. Die
Sitzplätze reichten nicht für alle, die zur
Informationsveranstaltung des Netzwerks gegen Rechts Main-Tauber ins
Alte Rathaus von Wölchingen gekommen waren.
Eingestimmt
wurden die Zuhörer von der Band „MARBACHER“ mit einem Lied, in
dem der Refrain lautete „heute ist nicht gestern, dies ist eine
andere Zeit, vor der Rückkehr der Faschisten, bewahrt uns die
Einigkeit“. Stefan Heidrich bedankte sich einleitend für das
Netzwerk bei den Musikern, beim Referenten des Abends Timo Büchner,
bei allen Mitveranstaltern und insbesondere bei den beiden
Gemeinderäten Peter Löffler und Stefan Wilhelmi, die den Raum zur
Verfügung stellten. Ohne deren Unterstützung hätte die
Veranstaltung nicht stattfinden können.
Timo Büchner,
Politologe und Hauptredner des Abends, ging zunächst auf die
Vorgeschichte ein. Im September 2016 hatte derselbe Veranstalter die
Band „Permafrost“ zu einem Open-Air-Festival bei Bobstadt
eingeladen. Diese Gruppe ist dem National Socialist Black Metal
(NSBM) zuzurechnen und im Verfassungsschutzbericht von Sachsen-Anhalt
ausdrücklich als rechtsextrem erwähnt. Nebenprojekte des Sängers
beziehungsweise Schlagzeugers seien Bands wie „Heiliges Reich“,
„Kraftschlag“, „Killuminati“ oder „Endless Struggle“. Der
damaligen Aufforderung, „Permafrost“ nicht spielen zu lassen, sei
der Organisator nicht nachgekommen. Auch Gespräche mit dem
Bürgermeister, dem Ortsvorsteher und der Polizei hätten den
Auftritt nicht verhindert. NSBM ist laut Büchner ein kleiner Bereich
innerhalb des Black Metal mit einem Anteil von etwa fünf Prozent,
der in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstand. An Hand von
Bildschirmfotos wies Timo Büchner nach, dass der Veranstalter Heiko
G. im Zuge des Festivals einen Draht zu Hendrik Möbus hatte. Der
verurteilte Mörder, Gründer und Sänger der Band „Absurd“ sei
ein wichtiger Akteur in der NSBM-Szene. Möbus vertreibe unter
anderem Tonträger von „Permafrost“ und betätige sich als
Veranstalter von NSBM-Konzerten. Im Anschluss an das Open-Air-Konzert
2016 habe Möbus dem Veranstalter Tipps gegeben, wie er mit der
Kritik der Zivilgesellschaft umgehen soll.
Beim aktuellen Konzert „Groll der Allmacht“ in Bobstadt „tritt
keine NSBM-Band auf“, stellte Büchner fest, „aber eine Band mit
klar nachweisbaren Bezügen ins rechtsextreme Milieu“. Der Sänger
der Gruppe „liked bei Facebook NSBM-Bands, NPD-Politiker und
Rechtsrock-Bands wie „Stahlgewitter“, was Büchner mit
Bildschirmfotos belegen konnte. Die Gruppe „Eishammer“ habe ein
Album mit dem Titel „Söhne Teuts“ veröffentlicht, in dem man
eine Anspielung auf den Titel „Teuts Söhne“ der rechtsextremen
Band „Lunikoff-Verschwörung“ sehen könne. Die Texte von
Eishammer bezögen sich auf germanische Mythologie und seien doppelt
interpretierbar, was von Rechtsextremen gerne genutzt werde.
Der Musikrichtung
des Black Metal warf der Referent eine fehlende Abgrenzung gegenüber
dem NSBM vor. Es fänden immer wieder gemeinsame Konzerte mit
Rechtsrock- und NSBM-Bands statt. „Ich finde es erschütternd“,
beklagte Büchner, „dass man es so schwer hat, gegen solche
Konzerte vorzugehen“. Die Fakten lägen auf dem Tisch,
deutschlandweit gebe es zu wenig Abgrenzung zum Rechtsextremismus.
Die Zivilgesellschaft müsse jetzt klare Kante zeigen.
Für den
Evangelischen Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg ging Dekan Rüdiger
Krauth auf das Motto des Black Metal-Konzerts „Groll der Allmacht“
ein. „Warum Groll?“, fragte er. „Gibt es Anlass zum Grollen in
einer Gesellschaft, in der der Wohlstand noch nie so groß war, in
einer Gesellschaft, in der alle von den demokratischen Grundwerten
profitieren?“ Er sehe vielmehr Grund zur Dankbarkeit für die
Grundwerte unseres Grundgesetzes. Er wolle diese Werte verteidigen –
nicht aus Zorn, sondern aus Vernunft.
Für den DGB
Kreisverband Main-Tauber sprach Silke Ortwein, die befürchtete,
„dass bei einigen Menschen das Desinteresse bereits durch Angst
abgelöst wird“. Sie wagten nicht mehr, sich den Rechten
entgegenzustellen, weil sie befürchten, in diesem Fall selbst nicht
mehr dazuzugehören oder Repressalien zu erfahren. Denn
Einschüchterung gehöre bei den Rechten dazu. Sie forderte dazu auf,
Rechten keine Bühne zu bieten und deren Aktivitäten nicht mehr
stillschweigend zu dulden. „Treten wir ein für eine offene und
demokratische Gesellschaft“, forderte Ortwein.
Thomas Tuschhoff
von den Grünen Main-Tauber erinnerte daran, dass rechtes Denken den
Morden vorausgehe. Deshalb sei es besonders wichtig, dass die
Zivilgesellschaft aufmerksam dafür sei und entschieden widerspreche.
„Es kann uns nicht gleichgültig sein“, meinte Tuschhoff, „wenn
in unserer Gegend Rechtsextremisten eine Bühne geboten wird“. Er
dankte allen Anwesenden dafür, dass sie mit ihrem Kommen ein klares
Stoppsignal dafür gesetzt hätten.
Die Vertreterin
der Linken, Smilla Huck, zitierte einen Text der Band Eishammer:
„Weit offen sollen die Schwingen stehen | Verräter wollen wir
blutig fliegen sehen | Elendig krachend die Knochen drehen | Wenn sie
versuchen Hels Qualen zu bestehen“. Darin werde Gewalt verherrlicht
und legitimiert. Zudem kritisierte Huck den Sexismus und die
Frauenfeindlichkeit dieser Gruppe. Männern werde die Rolle des
starken, kriegerischen und gewaltgeilen Machtwesens zugeteilt,
während Frauen als schwache Begleitstücke ihrer männlichen Partner
verstanden werden.
Thomas Kraft, der
Kreisvorsitzende der SPD, meinte, dass es um die Verteidigung unserer
Werte gehe. Er zitierte den Spiegel, der in der AfD „den
parlamentarischen Arm des Rechtsextremismus“ sehe. Diese Partei sei
menschenverachtend und demokratieschädlich. Dem müsse mit einer
klaren Haltung entgegen getreten werden. Was vor wenigen Tagen bei
der Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen geschah, bezeichnete
er als „schändlich“.
Für die Jusos
sprach Xenia Heckmann. Sie berichtete, dass Rechtsrockkonzerte nach
Ansicht des Verfassungsschutzes „die wichtigsten Vernetzungstreffen
für Nazis“ seien. Dagegen müsse man demonstrieren und dürfe auf
keinen Fall „den Ball flach halten“. Rechtsrock sei nicht normal
und dürfe nicht normal werden. Heckmann sprach sich für eine offene
und tolerante Gesellschaft aus, für die man noch enger
zusammenstehen müsse.
Abgeschlossen
wurde die Veranstaltung von den MARBACHERN mit Liedern, die sich
gegen Rechtsextremismus aussprechen.